Optimaler Einsatz für Infrarot
das Angebot wahrnehmen? Und, wenn ja, vor oder nach den Übungseinheiten?
Elektromagnetische Infrarotwellen gehören zu unserem Alltag, beinahe die Hälfte der Sonnenstrahlung besteht aus ihnen. Daher sind Infrarotbehandlungen eine sehr bekömmliche und angenehme Art, sich Wärme zu verschaffen. Bestrahlungskabinen liegen im Trend, sie sind kompakter, günstiger und weniger bedienungsaufwendig als der „Hauptkonkurrent“ Sauna. Dass sie weniger Personen Platz bieten, fällt bei Sportstudios mit vergleichsweise überschaubarer Interessentenzahl kaum ins Gewicht. Während in der Sauna Temperaturen zwischen 80 bis 100 Grad Celsius gängig sind, liegen die Werte in der Infrarotkabine meist zwischen 30 und 60 Grad, was von vielen als angenehmer empfunden wird. Zudem wird das Herz-Kreislauf-System weniger belastet, was Infrarot auch für Kinder, Schwangere und ältere Menschen interessant macht. Und, in diesen Zeiten nicht ganz unerheblich: Im Vergleich mit der Sauna ist die Infrarotkabine ein wahres Energiesparwunder und das vor allem, weil die langen Aufheizzeiten entfallen.
Was nützt es?
Wie viele andere Angebote im Umkreis des Fitnesstrainings ist das Bad im Rotlicht sicherlich kein Muss. Es müsste aber eigentlich hilfreich sein – denn nur zum Spaß werden die Kabinen doch wohl nicht aufgestellt? Was also versprechen die Hersteller?Nun, sie werben offen oder verklausuliert mit der Zielgenauigkeit. Anders als Heizungen, die kalte Luft erhitzen und großflächig wirken, können Infrarotstrahlen einzelne Objekte, wie eben menschliche Körper, direkt erwärmen. Meist wird angeführt, dass die Strahlung tiefwirkend ist und so auch Muskeln, Bänder, Sehnen, Gelenke und das Bindegewebe erreicht. Zudem werde die Durchblutung gepusht und die Sauer- sowie Nährstoffversorgung verbessert. Darüber hinaus soll es positive Wirkungen auf Stoffwechsel, Kreislauf, Entgiftungsvorgänge und das Immunsystem geben. All dies steigere das Wohlbefinden und lasse sich auch für sportliche Zwecken nutzen, was besonders durch gelöste Verspannungen, geminderte Verletzungsrisiken und eine gesteigerte Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommt.
Vorher oder nachher?
Wer die versprochenen Wirkungen im Fitnessstudio testen möchte, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob man sich besser vor oder nach dem Training in die Kabine begeben sollte. Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen. Denn so gut wie alle wissen: Warm-Up/Aufwärmen vorm Üben und Cool-Down/Herunterkühlen danach. Das sollte doch eigentlich bedeuten, Infrarot in jedem Fall vorher. Nun, ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Vor dem Training
In einer von der sportmedizinischen Fakultät der Universität Konstanz beauftragten Ausarbeitung 1) wurden unter anderem Forschungsarbeiten zur Wirkung des passiven Aufwärmens untersucht. Bestätigt wurden die Durchblutungsverbesserung und die muskuläre Entspannung. Anders als beim aktiv aufwärmenden Warm-Up kommt es aber nicht zu einer ausreichenden Erwärmung der Muskulatur und zu dem für die Leistungssteigerung notwendigen Stoffwechsel-Booster. Auch die Infrarotbestrahlung gehört zu den passiven Methoden – weist sie das gleiche Manko auf? Ausführungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) legen ein „Ja“ nahe. Denn ihnen zufolge werden große Teile der Strahlung schon in der Oberhaut absorbiert. Zwar erreicht die Temperaturerhöhung durch Wärmeleitung auch tiefer gelegene Körperregionen, die direkte Wirkung von Infrarotstrahlung betrifft aber vorwiegend die Körperoberfläche. Das heißt im Klartext: Infrarotbestrahlung hat im Bereich des Aufwärmens durchaus einige positive Wirkungen, das Warm-Up kann sie jedoch nicht ersetzen.
Nach dem Training
Um Regenerationsprozesse voranzutreiben, gilt es, belastungsbedingte Mikrotraumata der Muskulatur möglichst schnell zu bekämpfen. Hitze- und Kälteanwendungen gelten dabei als probate Mittel. Was sagt die Wissenschaft dazu? Eine Studie 2) der Deutschen Sporthochschule Köln stellte einen Vergleich von Sauna, Infrarotbestrahlung und schlichtem Ausruhen nach intensivem Krafttraining an. Dabei lag die Infrarot-Wellenlängenbehandlung vor den anderen Methoden, weil sie Leistungseinbußen am besten abmilderte. Zu einer eindeutigen Empfehlung konnte man sich aber nicht durchringen, dafür seien weitere Untersuchungen nötig. Ob warm oder kalt nach dem Sport besser wirkt, war Thema einer Forschungsarbeit 3) des Pariser Institut National du Sport, de l’Expertise et de la Performance (INSEP). Teilnehmer waren fitte Läufer, die nach dem Training entweder eine Kältekammer aufsuchten, mit Infrarot bestrahlt wurden oder sich einfach nur liegend erholten. Insgesamt konnte die Kälteanwendung die besten Ergebnisse aufweisen. Es folgt Infrarot – das Nichtstun schnitt am schlechtesten ab. Die Maximalkraft war bereits direkt nach Verlassen der Kältekammer wiederhergestellt. Bei Infrarot dauerte der Prozess 24 Stunden, beim Nichtstun betrug die Wartezeit mehr als zwei Tage. Anzumerken wäre hier, das andere Untersuchungen den regenerativen Nutzen von Kälte weit weniger eindeutig herausstellen. Zudem dürfte es für Hobbysportler weder praktikabel noch angenehm sein, eine Kältekammer aufzusuchen oder ersatzweise ein Eisbad zu nehmen. Für das Gros der Fitnessbegeisterten bleibt somit die Erkenntnis, dass Infrarot allem Anschein nach deutlich mehr bewirkt, als sich auf die faule Haut zu legen.
Was empfiehlt sich also?
Generell gilt: Du kannst dich aufgrund der gesundheitsfördernden Effekte ruhigen Gewissens ins Rotlichtmilieu begeben. Am besten belegt, scheint die Regenerationsbeschleunigung zu sein. Demzufolge solltest du dich, wenn du hart und/oder mit weniger als drei Tagen Abstand trainierst, nach dem Workout bestrahlen lassen. Bei allen anderen ist die Zeit fast egal. Ausnahme sind hartnäckige Warm-UP-Verweigerer. Für sie leistet die Infrarotkabine zumindest ein gewisses Maß an Präparation.
Abbildung: AnEduard / shutterstock.com
Quelle: shape UP Ladies 1/2023
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