Eis, Eis, Baby!

Einige sprechen von einem Trend, andere gar von einem Boom: Das Eisbaden zur Abhärtung und zur Fitness von Körper, Geist und Seele begeistert immer mehr Trainierende. Dabei hat der Trend eine lange Tradition.

Hamburg im Januar. Ein knallig kalter Morgen, stahlblau der Himmel, der Reif auf Bäumen und Gräsern im Stadtpark spiegelt die Sonne. Am Stadtparksee entkleiden sich drei Gestalten mittleren Alters und steigen ins Wasser. „Was macht ihr da, um alles in der Welt?“ „Eisbaden“, antwortet einer der Drei lächelnd. „Und warum?“ „Das ist gut für Gesundheit und Fitness.“

Was noch vor Kurzem als belächelte Abhärtung von Nerds galt, ist inzwischen zu einem Trend geworden: Das Baden im eiskalten Wasser. Um Fitness und Gesundheit zu stärken, steigen immer mehr Trainierende regelmäßig ins kalte Nass. Ob Berlin, Hamburg oder München – im Winter tauchen die Eisigen regelmäßig in die kalten Fluten von Spree, Alster oder Isar. In Ländern wie Finnland, Russland, Norwegen, Schweden, Dänemark, dem Baltikum, aber auch in Tschechien und Polen gehören Eisschwimmen oder Eisbaden schon seit Längerem zum Winter wie bei uns das Rodeln.

Dabei hat das Eisbaden eine lange Tradition, die bis zu den alten Ägyptern zurückreicht. Imhotep, Arzt, Chirurg und Hohepriester des legendären Pharaos Djoser, pries schon vor 4.700 Jahren die heilende Kraft der Kälte. Auch der Grieche Hippokrates setzte Kälte als wirksames Mittel der Behandlung ein. Während des gesamten Mittelalters und bis in die frühe Neuzeit hinein wurde Kälte immer wieder als wirksames Heilmittel und sicheres Rezept für allgemeines Wohlbefinden angesehen. Das Eintauchen in kaltes Wasser wurde häufig propagiert und verordnet. Und vor 200 Jahren predigte der Pfarrer und Heilkundler Sebastian Kneipp, dass ein kaltes Bad Wunder bringen könne. Heute ist es der Niederländer Wim Hof, der als Guru der Bewegung das Eisbaden wieder zum Trend machte. Und das extrem vorlebt: Er badet nicht nur im Eis, er ging nur mit kurzen Hosen und Schuhen bekleidet am Mount Everest spazieren und hält einige Weltrekorde, unter anderem im Barfuß-auf-Schnee-Halbmarathon. Es gibt inzwischen auch ein globales Netzwerk an Wim-Hof-Instruktoren, die Einsteigern helfen, sich an die Kälte zu gewöhnen.

Studien zum Eisbaden

Dass das Eisbaden mehr als nur eine Einbildung ist und Gesundheit und Fitness stärkt, belegen mittlerweile eine Vielzahl an Studien. So hat ein Forscherteam der Arctic University of Norway 104 Studien zu dem Thema genauer unter die Lupe genommen und jetzt bestätigt, dass Eisbaden sich unter anderem tatsächlich zum Fettverbrennen eignet. „Es geht klar hervor, dass es zunehmend wissenschaftliche Unterstützung dafür gibt, dass der freiwillige Kontakt mit kaltem Wasser einige positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann“, so Hauptautor James Mercer zu den Ergebnissen.

Auch Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer Ersatzkasse, sieht positive Effekte des Eisbadens. Auch wenn sie sagt, dass die Wissenschaft da „noch uneins“ sei, gebe es „bereits Hinweise, dass eine stärkende Wirkung auf Gefäße erzielt werden kann. So sollen sich die Gefäße in der Haut beim Eintauchen verengen und so die Blutzirkulation ankurbeln. Mit diesem Prozess stellt der Organismus sicher, dass die Kerntemperatur bei 36 bis 37 Grad erhalten bleibt. Die verstärkte Durchblutung wirkt positiv auf das Herz-Kreislauf-System“.

Gesundheitliche Vorteile

  • Entzündungshemmende Wirkung: Das Eintauchen in kaltes Wasser kann dazu beitragen, Entzündungen im Körper zu reduzieren. Dies kann besonders für Menschen mit entzündlichen Erkrankungen von Vorteil sein.
  • Verbesserte Durchblutung: Das kalte Wasser verengt vorübergehend die Blutgefäße, aber nach dem Eisbad dehnen sie sich wieder aus, was die Durchblutung fördert. Dies kann zur Linderung von Muskelschmerzen und Verspannungen beitragen.
  • Stärkung des Immunsystems: Wer regelmäßig ins eiskalte Wasser taucht, stärkt das Immunsystem und wird seltener krank. Dies fand eine niederländische Studie mit 3.000 Teilnehmern heraus. Denn durch den Temperaturschock werden verschiedene physiologische Reaktionen ausgelöst, die die Freisetzung von Immunzellen fördern und so die Immunabwehr stärken.
  • Stressabbau: Eisbaden kann Stress und Angstzustände reduzieren. Der Kälteschock regt die Freisetzung von Endorphinen an, was zu einer verbesserten Stimmung und Entspannung führen kann. Das belegt eine finnische Studie.
  • Bessere Schlafqualität: Menschen, die regelmäßig Eisbaden gehen, berichten von einer verbesserten Schlafqualität. Grund: Die Entspannung und die Stressreduktion können zu einem tieferen und erholsameren Schlaf beitragen.
  • Stärkung des Geistes: Eisbaden stärkt nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Geist. Eine Studie aus dem Jahr 2018 belegt, dass es sich positiv auf die Willensstärke und dein Mindset auswirkt. Fast schon logisch: Wer sich das antut, braucht schon einen starken Willen.
  • Besserer Wärmehaushalt: Regelmäßiges Eisbaden macht deinen Körper unempfindlicher gegenüber Kälte. Da unsere Körper wahre Wunderwerke der Anpassung sind, können wir gut mit unseren Herausforderungen umgehen. Forscher spekulieren, dass die höhere Toleranz gegenüber Kälte ebenso auf Veränderungen im Stoffwechsel zurückzuführen ist.
  • Schönere Haut: Durch das Eisbaden werden Sauerstoff und andere Nährstoffe in die hautnahen Gefäße gepumpt. Das sorgt als schöner Nebeneffekt für einen rosigen Teint.

Fitnessbezogene Vorteile

  • Steigerung der Energie und Ausdauer: Eisbaden kann deine Energie steigern und deine Ausdauer verbessern. Denn der Kälteschock zwingt deinen Körper, mehr Energie zu verbrauchen, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten.
  • Erhöhte Kalorienverbrennung: Das Eisbaden erfordert mehr Energie, weil der Körper gegen die Kälte ankämpfen muss. Dadurch verbrennst du mehr Kalorien und trägst zur Gewichtsabnahme bei. Studien ergaben, dass bis zu 500 Kilokalorien pro Eisbade-Tag abgebaut werden können. Und es ist besonders das weiße Fettgewebe, auch als „schlechtes Fett“ bekannt, das verbrennt.
  • Verbesserte Muskelregeneration: Das kalte Wasser kann Muskelentzündungen reduzieren und die Erholung nach intensiven Trainingseinheiten beschleunigen. Viele Sportler nutzen daher Eisbäder zur Regeneration.
  • Stärkung der mentalen Stärke: Eisbaden erfordert Durchhaltevermögen und Willenskraft, da es oft als unangenehm empfunden wird. Die regelmäßige Praxis kann daher dazu beitragen, deine mentale Stärke und Entschlossenheit zu stärken.

Tipps fürs Eisbaden

Klar, dass Eisbaden nicht für jeden geeignet ist. Wer Herzprobleme oder einen niedrigen Blutdruck hat, sollte sich vor dem Eisbaden von einem Arzt beraten lassen. Darüber hinaus sollten Anfänger langsam und vorsichtig beginnen und sich an die Kälte gewöhnen, um Verletzungen oder Unterkühlung zu vermeiden. Und bevor du ein Eisbader wirst, solltest du mit Wechselduschen zu Hause Körper und Geist – ja, der muss auch mitmachen wollen – trainieren.

Wenn dein Körper und deine Sinne dann mitspielen und nach dem Eis-Kick im Freien rufen, solltest du dies beachten:

  • nach Möglichkeit nicht alleine Eisbaden gehen
  • vorher locker aufwärmen und/oder ein paar Atemübungen machen
  • nicht hineinspringen, sondern langsam ins Wasser gleiten, damit sich der Körper daran gewöhnen kann
  • Kopf und Hände über Wasser halten
  • nicht zu lange im Wasser bleiben (maximal fünf Minuten), denn wenn der Körper zu stark auskühlt, kann das lebensgefährliche Folgen haben
  • warme Kleidung bereitlegen
  • nicht öfter als zweimal die Woche Eisbaden gehen

Aber Achtung: Dein Körper ist auf 37 Grad Körpertemperatur ausgelegt. Heißt: Auf Dauer ist Kälte nicht empfehlenswert und schadet dir. In Form von kurzen Impulsen kann sie jedoch gesund sein und deinen Körper abhärten – wenn du ihn darauf vorbereitest.

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