Hirn-Jogging

Hirn-Jogging​

Ist körperliche Fitness ein Plus für den Kopf oder entscheidet der Kopf über die Fitness? Sicher beantworten lässt sich das nicht, Forscher aus Deutschland haben aber eine klare Meinung dazu.

Um zu Erkenntnissen über die Zusammenhänge von Fitnesszustand und Hirnbeschaffenheit zu gelangen, führten Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) eine Analyse durch. Das Team um Prof. Hans Jörgen Grabe, DZNE-Forschungsgruppenleiter und Direktor der UMG-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, und Privatdozent Dr. Sebastian Baumeister, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UMG, analysierte dazu Daten der sogenannten SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania). Diese beschäftigt sich, grob zusammengefasst damit, was die Bevölkerung von Mecklenburg-Vorpommern gesund oder krank macht. Im Mittelpunkt der Analyse stand dabei die Frage, ob körperliche Fitness in Zusammenhang mit dem Hirnvolumen steht. Ausgewertet wurden Informationen über 2.103 Frauen und Männern im Alter von 21 bis 84 Jahren. Das mittlere Alter lag bei 52 Jahren.

Der Fitnesszustand der Teilnehmer wurde mittels Fahrradergometer ermittelt. Bestimmender Faktor für den Grad der körperlichen Fitness war dabei die maximale Sauerstoffaufnahme, die verlässlich Auskunft über den Trainingszustand des Herz-Kreislauf-Systems gibt. Zur Bestimmung der körperlichen Fitness wurde folglich die von den Probanden unter Höchstbelastung ein- und ausgeatmete Luft untersucht. In weiteren Untersuchungen waren die Gehirne der Probanden mittels Magnetresonanz-Tomographie (MRT) vermessen worden. Beim Abgleich der Fitness- mit den MRT-Daten ergab sich ein positiver Zusammenhang zwischen körperlicher Leistungsfähigkeit und Hirnvolumen: Je besser die körperliche Fitness, umso größer das Hirnvolumen. Was könnten die Ursachen für diese Beobachtung sein?

Zellwachstum vermutlich entscheidend

„Durch Sport werden erwiesenermaßen körpereigene Substanzen freigesetzt, die dem Verlust von Nervenzellen entgegenwirken können. Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass körperliche Aktivität die Neubildung von Nervenzellen anregen kann. Beide Phänomene könnten die Auswirkungen auf das Hirnvolumen, die wir und ähnliche Studien nachgewiesen haben, möglicherweise erklären“, sagt Prof. Grabe. Prof. Stefan Schneider, Neurowissenschaftler von der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln, erläutert, dass Bewegung sogenannte „neurotrophe Faktoren“ loslöst. So entsteht eine Art „Neuronen-Dünger“ – und damit Proteine, die das Wachstum von Zellen anregen. Werden diese ins Gehirn geschwemmt, können positive funktionale und strukturelle Prozesse in Gang gesetzt werden.

Belege, jedoch keine Beweise

Die Greifswalder Studie ist eine der bislang umfangreichsten Untersuchungen über die Beziehung von körperlicher Fitness und Hirnvolumen. Zudem bildet sie einen breiten Querschnitt der erwachsenen Bevölkerung ab. Die Ergebnisse erbringen dennoch nicht den unumstößlichen Beweis, dass Sport das Hirnvolumen tatsächlich vergrößert; es handelt sich lediglich um eine Vermutung. Die Daten gaben keinen Aufschluss über die sportliche Vergangenheit der Teilnehmer – es wurde also nur der Ist-Zustand festgehalten. Somit wäre als Erklärung für den guten Hirnzustand der fitten Teilnehmer theoretisch auch möglich, dass Leute mit größerem Hirnvolumen sich eher zur Aktivität motivieren können. Dann wäre das Hirn der entscheidende Faktor und nicht die Fitness.

Empfohlener Einsatz auch im Kampf gegen Demenz

Trotz offener Fragen genügten den Forschern die Ergebnisse, um körperliche Aktivität als Hirnleistungs-Pusher zu empfehlen. Des Weiteren sprechen sie sich für die Aufnahme sportlicher Elemente in Programme zur Demenzprävention aus. Denn die angenommene positive Wirkung des Sports betraf auch Hirnsphären, die bei der Erkrankung eine bedeutende Rolle spielen. Dr. Katharina Wittfeld, DZNE-Wissenschaftlerin und Erstautorin der Studienpublikation im Fachjournal „Mayo Clinic Proceedings“ führt dazu aus, dass einzelne Hirnbereiche, die für das Gedächtnis sowie für emotionales und belohnungsbezogenes Verhalten wichtig sind, vom Sport profitieren. „Mit dem sogenannten Hippocampus ist auch eine Hirnregion dabei, die bei einer Alzheimer-Erkrankung involviert ist. Auch hier sehen wir, dass körperlich fitte Personen tendenziell einen größeren Hippocampus aufweisen als Personen, die weniger fit sind.“

Da durch die Alterung der Gesellschaft Demenz zu einer immer größeren Herausforderung für die medizinische Versorgung wird, ist gerade die Vorbeugung so wichtig. Denn es fehlt schlichtweg an Therapien. Wird der altersbedingte Abbau der Hirnmasse hinausgezögert oder gar verhindert, wirkt die Prävention. Sport kann dabei sehr erfolgreich sein, wie Prof. Garbe erläutert: „Die nun vorliegenden Daten stützen die Hypothese, dass die kardiorespiratorische Fitness zu einer verbesserten Gehirngesundheit und einem verlangsamten altersbedingten Abbau der Hirnmasse beitragen könnte.“ Und weiter: „Körperliche Inaktivität ist ein Risikofaktor für Demenz. Dagegen scheinen körperliche Fitness und regelmäßiger Sport vorbeugende Wirkung zu haben.“

Praxistauglichkeit bewiesen

Die von Prof. Garbe empfohlene Berücksichtigung von Sport in der Demenzprävention ist vereinzelt bereits gängige Praxis. Bekanntestes Beispiel dürfte das durch Bund und EU geförderte und von DSHS-Professor Schneider geleitete Projekt „DenkSport“ sein. Ausgangspunkt war hier die Frage, ob die Präventions-Allzweckwaffe „Bewegung“ auch Menschen helfen kann, die bereits Demenzsymptome zeigen. Um dies beantworten zu können, führten 225 zuvor nicht-aktive Ältere im Demenzfrühstadium ein Jahr lang ein moderates Bewegungsprogramm in unterschiedlicher Dosis durch. Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Verbesserung der körperlichen Fitness, der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität. Entscheidend für die Verbesserung war die Trainingshäufigkeit. Nur wer mindestens zweimal wöchentlich teilnahm, zeigte eine Verbesserung. Einmal pro Woche Trainierende verschlechterten ihren Zustand zumindest nicht, was dagegen in einer inaktiven Kontrollgruppe nachweislich der Fall war. Mittlerweile wurden verschiedene Kursen entwickelt, die vor Ort in Köln besucht werden können. Des Weiteren stehen Workouts online zur Verfügung.

Quelle: shape UP Vita 5/21

Abbildung: Ivanko80 / shutterstock.com


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