Die Macht der Ernährung

Die Depression ist eine psychische Erkrankung mit sehr hohem Krankheitswert. Sie ist geprägt von Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Interessenlosigkeit und vielen weiteren Symptomen. Oft ist die Depression mit Angst- und/oder Zwangsstörungen kombiniert.

Neben den Bausubstraten benötigt der Mensch – und hier vor allem Menschen mit Depressionen – eine große Zahl verschiedenster Vitalstoffe. Viele von diesen sind antidepressiv wirksam. Durch die vermehrte Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol wird der Stoffwechsel verändert und der Bedarf an Mikronährstoffen deutlich erhöht. Zusätzlich kann die Einnahme von Mikronährstoffen nachweislich die Stresstoleranz verbessern und gleichzeitig körperliche Schäden verringern. Mikronährstoffe wie Folsäure, Vitamin B12 und maritime Omega-3-Fettsäuren (DHA, EPA) haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung und Progression von neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen oder ADHS.

Depressive Patienten haben häufig einen unzureichenden Folsäure- und Vitamin-B12-Status. Beide Vitamine spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation und Synthese von Neurotransmittern, denn ein Mangel an Folsäure und/oder Vitamin B12 hemmt die Synthese von Methionin und S-Adenosylmethionin (SAM) und folglich die SAM-abhängigen Methylierungen, z. B. die Umwandlung von Noradrenalin in Adrenalin oder von Serotonin in Melatonin.

Erhöhter Energiebedarf

Auch wenn Menschen in der Depression oft apathisch und träge erscheinen, führen die pathologischen biochemischen Reaktionen im Gehirn zu einem erheblichen Mehrbedarf an Energie. Ein Energiemangel verschärft daher die Depression. Energie wird in unseren Zellen in den Mitochondrien gebildet. Eine wesentliche Substanz hierfür ist das Coenzym Q10. Dieses Vitaminoid kann der Körper zwar ca. bis zum 40. Lebensjahr selbst herstellen, aber die Eigenproduktion reicht bei Menschen mit Depression bei weitem nicht aus. Insofern ist bei Depressiven jeden Alters die Gabe von Coenzym Q10 notwendig, um den Energiebedarf zu decken. Zusätzlich kann Coenzym Q10 freie Radikale abfangen. Die höchste Resorption an Coenzym Q10 lässt sich mit in Oxidation fixiertem Coenzym Q10 erreichen. In der sogenannten Navas-Studie lag die Resorption bei 83 %. Menschen mit Depression sollten täglich 100 bis 200 mg Coenzym Q10 substituieren. Alpha-Liponsäure ist ebenfalls wesentlich an der Energiebildung und am Abfangen freier Radikale beteiligt und verstärkt die Wirkung von Coenzym Q10. Menschen mit Depression sollten daher 600 mg bis 1 800 mg alpha-Liponsäure täglich zuführen.

Oxidativer Stress & Depression

Um die Wirkung der Vitalstoffe bei Depressionen zu optimieren, bedarf es einer guten Versorgung mit Antioxidantien, denn oxidativer Stress behindert massiv die biochemischen Funktionen, die zur Behandlung der Depression notwendig sind. Hier ist besonders die Bedeutung von Selen hervorzuheben. Dieses Spurenelement ist Hauptbestandteil der Gluthationperoxidase (GPX). GPX ist das wichtigste antioxidative Enzymsystem im menschlichen Körper. Pro Molekül GPX werden vier Atome Selen benötigt. Die Selenversorgung in Europa ist defizitär. Täglich werden 100 µg Selen benötigt; bei Menschen mit Depression sogar 200 µg. Mit der täglichen Nahrung können maximal 35 µg Selen in Deutschland zugeführt werden. Die oft empfohlene Paranuss kann den Bedarf decken, aber die meisten Produkte sind mit Aflatoxinen und Radon kontaminiert, sodass Nahrungsergänzungen eine gute Alternative sind.

Bei den Nahrungsergänzungen kann zwischen organischen oder anorganischen Produkten gewählt werden. Organische Produkte haben den Vorteil, nahezu vollständig resorbiert zu werden und sie haben eine längere Halbwertzeit als anorganische Produkte. Zudem gibt es für organische Selenprodukte Speicher im Körper, für anorganische Produkte nicht. Natürlich sind auch alle anderen Antioxidantien wichtig und sollten zum Beispiel im Rahmen eines Multivitamins gegeben werden.

Vitalstoffe in der Behandlung

Mikronährstoffkombinationen haben sich deutlich besser bewährt als die Gabe einzelner Stoffe. Gute Multivitamin-Supplemente beachten alle nötigen Interaktionen und enthalten nicht nur alle Vitamine und Spurenelemente, sondern auch alle sekundäre Pflanzenstoffe, Omega-3-Fettsäuren und L-Carnitin.

Omega-3-Fettsäuren gelten heute als wichtiger Bestandteil einer anti-depressiven Therapie. Es wird angenommen, dass ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren die Verbindung zwischen den psychischen Symptomen und den häufig begleitend auftretenden körperlichen Symptomen herstellt.

Einen wichtigen Teil zur Therapie der Depression steuert L-Carnitin bei. Es reguliert die Ausschüttung der Neurotransmitter an den Nervenenden und trägt zum Erfolg einer medikamentösen Therapie von Depressionen bei.

Auch B-Vitamine und Folsäure unterstützen erfolgreich eine medikamentöse Therapie der Depression. So zeigte eine Studie aus den USA bei 110 Patienten mit schweren Depressionen, dass die angewendeten Medikamente bei niedrigen Folsäurespiegeln im Blut deutlich schlechter wirken.

Vitamin D & Depressionen

Vitamin D steigert die Umwandlung von Tryptophan zu 5-Hydroxytryptophan (5-HTP), der Vorstufe von Serotonin. Daher führt ein Mangel an Vitamin D zu strukturellen Veränderungen im Gehirn und beeinflusst die Verwertung von Dopamin und die Synthese von Noradrenalin (Norepinephrin). Vitamin D hat zahlreiche nervenschützende Funktionen. Vitamin D halbiert das Risiko für Depressionen durch hohe 25-OH-Vitamin-Spiegel. Suizidanten haben häufig einen Vitamin-D-Mangel, ebenso Menschen mit Depression. Je ausgeprägter der Vitamin-D-Mangel ist, desto schlimmer sind die depressiven Symptome. Ein Anheben des Vitamin-D-Spiegels führt umgekehrt zu einem Abklingen der Symptome. In einer Studie zur Saisonabhängigen Depression (SAD) konnte eine Gabe von 10 000 IE Vitamin D die Depression der Versuchsteilnehmer auf der üblichen Depressionsskala um 74 % verbessern. Die bisher verfügbaren Studien legen nahe, dass das Risiko einer Depression ab einem Vitamin-D-Blutspiegel von 30 ng/ml deutlich abnimmt.

Zusammenfassung

Sowohl die Bausubstrate, als auch die Wirksubstrate in der Ernährung sind zur Behandlung der Depression von entscheidender Bedeutung. Die Möglichkeiten der Ernährung sollten mindestens denselben Stellenwert in der Therapie der Depression haben wie Pharmakotherapie und Psychotherapie.

Abbildung: Astafjeva / shutterstock.com
Quelle: shape UP 3/2023

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